Stellungnahme zur Förderabsage des Projekts Watchdogwatcher
Detailierte Informationen finden sie auf der Kampagnenseite der KUPF unter www.zumutungen.at
Im Rahmen des 15. Innovationstopf der KUPF – Kulturplattform OÖ wurden erstmals zwei Projekte nicht gefördert.
Beide Projekte wurden von einer unabhängigen ExpertInnenjury zur Förderung empfohlen.
Beide Projekte beschäftigten sich kritisch mit der Linzer Stadtwache.
Aus einem dieser beiden Projekte entstand diese Homepage, die kritische Plattform Stadtwache Linz.
Das Land Oberösterreich finanziert seit 1995 den Kupf Innovationstopf. Ziel dieses neuen Fördertopfes war und ist es Kulturinitiativen und Kultur- und Kunstschaffenden die Möglichkeit zu geben, neue kritische Impulse für eine kontinuierliche Kulturarbeit zu setzen. Die organisatorische Abwicklung liegt zur Gänze bei der KUPF, die Auswahl der Projekte trifft eine unabhängige Jury, die sich aus Expertinnen und Experten der freien Kulturarbeit zusammensetzt. Mit diesem Modell fordert die KUPF von SubventionsgeberInnenseite ein, Projekte zu fördern, welchen außerhalb dieses Rahmens viel leichter die „Förderwürdigkeit“ verwehrt bliebe.
– Selbstdefinition der KUPF zum Innovationstopf
Wie eine Mitarbeiterin der Kulturplattform Oberösterreich es einmal so schön formulierte: „Das der Kulturbegriff der FPÖ aus dem Jahre Buttermilch stammt, ist ja nichts neues.“ Neu aber ist, dass das Land OÖ auf Zuruf der FPÖ ihre eigenen Förderprinzipien über Bord wirft und Entscheidungen unabhängiger Jurys nicht akzeptiert.
Was ist also passiert?
Vergangenes Jahr wurde der Innovationstopf 2010 mit dem Thema „Mit Sicherheit!“ ausgeschrieben, eine Reaktion auf die seit Jahren schwellende sogenannte Sicherheitsdebatte. Zu einer Zeit, in der die ÖVP Linz im Wahlkampf bedrohliche Messer und „Giftspritzen“ plakatieren ließe, um uns allen vor Augen zu führen, wie unsicher wir uns denn nicht fühlen sollten. Zu einer Zeit, in der die FPÖ mit ihrer Forderung nach einer Stadtwache immer mehr Gehör fand.Zu einer Zeit, in der dank der Angstkampagnen der Politik und der Medien das subjektive Sicherheitsgefühl so niedrig wie noch nie war, während die Statistik eigentlich das Gegenteil nahelegen sollte. Und zu einer Zeit, in der sogar die SPÖ nach einer verlorenen Wahl einen Schwenk um 180° vollzog, und als Zuckerl für die FPÖ sich auf den Aufbau einer Stadtwache einigte.
Kurz, die KUPF hat ein gutes Gespür für ein brisantes Thema bewiesen, und folgerichtig die oberösterreichische Kulturszene aufgerufen, sich dem Thema anzunehmen. So heißt es im Ausschreibungstext:
Der KUPF-Innovationstopf 2010 lädt ein, sich mit dem Begriff Sicherheit und den implizierten Konsequenzen konkret auseinander zu setzten, Kontinuitäten, Parallelen, Abhängig- oder Widersprüchlichkeiten zu beleuchten, die Bedrohung, welche vom „Sicherheitsdiskurs“ ausgeht, im eigenen Umfeld zu erkennen und wirksame Gegenstrategien zu entwickeln, um sich mühsam erstrittene Freiheiten nicht wieder weg sichern zu lassen. Die KUPF fordert auf, aktiv zu werden, und sich dem massiven Sicherheits(d)ruck mit praktikablen Modellen entgegen zu setzen!
Dieser schöne und auch provokante Aufruf animierte eine Gruppe rund um den Linzer Künstler Karl Klar das Projekt Watchdogwatcher zu entwickelen und einzureichen. Im April trat die Jury, bestehend aus Juliane Alton, Caroline Asen, Belinda Kazeem, Erich Möchel und Thomas Rammerstorfer zusammen, um die insgesamt 30 Einreichung zu durchleuchten, und empfahl 12 davon zur Förderung, darunter auch das Projekt Watchdogwatcher. Freudig haben wir die Entscheidung der Jury vernommen, und uns sogleich an die Arbeit gemacht, denn die Stadtwache war gerade ein Dauerbrenner in den Medien, hatte sich doch sogar eine BürgerInnenInitiative dagegen gegründet.
Dass ihr Kronjuwel öffentlich kritisiert wurde, war der FPÖ natürlich ein Dorn im Auge, und so hagelte es eine Presseaussendung nach der anderen mit Titeln wie „Warum werden Landes-Kulturfördergelder gegen Linzer Ordnungsdienst eingesetzt?“. Dass auch die breite Öffentlichkeit die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema begrüßte, konnte man auch an der praktisch nicht vorhandenen Weiterverbreitung der Aussendungen ablesen.
Also erging eine offizielle Anfrage auf Landesebene an den Kulturreferenten und Landeshauptmann Josef Pühringer mit der Frage, warum denn das Projekt gefördert wurde. Und die simple Antwort? Es wird nicht gefördert.
Warum? Weil kein künstlerischer oder kultureller Inhalt festgestellt werden konnte.
Damit folgt der Landeshauptmann dem Duktus der FPÖ, welche das Projekt als zu politisch kritisierte. Die einfachste Form, sich unliebsame kritische KünstlerInnen und Kulturinitiativen vom Hals zu schaffen, war schon immer die simple Erklärung, dass es sich dabei nicht um Kunst handle. Eine Methode, die anscheinend noch immer funktioniert.
Diese doch überraschende Antwort des Landeshauptmanns mussten wir über Umwege erfahren, hatte uns bis dato doch niemand angerufen oder ein E-Mail oder einen Brief geschrieben. Und das zu einem Zeitpunkt, in der die Hälfte des Projekts schon umgesetzt war und alle Aufträge vergeben wurden.
Es stellt ein Unikum dar, dass das Land Oberösterreich eine Entscheidung einer unabhängigen Jury nicht akzeptiert. Und das ein Jahr nach dem das oberösterreichische Kulturleitbild mit folgendem Text beschlossen wurde:
Kulturpolitik versteht sich wiederum als eine Summe von Aktivitäten und Maßnahmen, die Rahmenbedingungen schafft, in denen Kultur gedeihen kann, und so zur positiven Entwicklung der Gesellschaft im humanistischen Sinn beiträgt. Der Demokratie verpflichtet schließt richtig verstandene Kulturpolitik alle Bevölkerungsgruppen und Generationen in ihre Arbeit und Zielvorstellungen ein, fördert die soziale Integration, schafft einen Orientierungsrahmen und gibt Anstöße für Weiterentwicklungen und Veränderungen in der Gesellschaft. Kulturpolitik ist Demokratie- und Gesellschaftspolitik.
– OÖ Kulturleitbild, Teil 1, Punkt 2.1: Überlegungen zum Kulturleitbild
Kulturpolitik ist Demokratie- und Gesellschaftspolitik. Punkt.
Dass sich kritische Menschen mit einem so heiklem Thema wie der Einführung einer Stadtwache und der damit einhergehenden Einschränkung des öffentlich Raums beschäftigen, sollte ein normaler Teil eines politischen Diskussionsprozesses sein. Das die FPÖ damit nicht zufrieden ist, ist auch ihr gutes Recht.
Doch die Entscheidung einer unabhängigen Fachjury nicht anzuerkennen ist ein gesellschafts- und demokratiepolitischer Skandal. Damit stellt der Landeshauptmann nicht nur die Kompetenz der Jurymitglieder infrage, welche ausnahmslos langjährige VeteranInnen der österreichischen Kulturszene sind. Sondern er setzt auch seine eigene Glaubwürdigkeit und seine viel beschworene Handschlagqualität aufs Spiel, wenn eine Anfrage der FPÖ genügt, um eine unliebsame Initiative loszuwerden.
Aus diesem Grund stellen wir die folgenden Forderungen:
- Wir fordern die sofortige Anerkennung der Juryentscheidung.
- Wir fordern die sofortige Auszahlung des zugesprochenen Fördergeldes.
- Wir fordern die Anerkennung, dass jede kulturelle und künstlerische Auseinandersetzung mit einem politischen Thema eine wertvolle Bereicherung des öffentlichen Diskurses darstellt.
- Wir fordern das Fortbestehen des KUPF Innovationstopfes als wichtiges kulturpolitisches Instrument zur Förderung kritischer Stimmen.