Denn Recht muss Recht sein!

Wo ist die Stadtwache, wenn man sie braucht?

Wieder einmal erreichte mich eine E-Mail eines besorgten Bürgers, diesmal hatte Johann L.* von einem tragischen Zwischenfall zu berichten:

Betreff: Anpöbler (angesoffene Sandler)

Ich wartete ca.15m.entfernt von diesen Gesindel auf meine Frau. Plözlich schreit mich einer an, tituliert mich als Volltrottel und verweist mich vom Park. Ich wollte meine  Gesundheit nicht riskieren und verlies den Park. Ich hoffe, daß in Zukunft dort Ordnung gemacht wird, denn zum Spazierengehen auf der Landstrasse ist mir diese Einrichtung zu teuer.
Eurer Steuerzahler.

Da ich auf das erste Mail nicht umgehend reagiert habe, flatterte ein paar Tage später eine freundliche Erinnerung herein:

Betreff: Sandler (angesoffen) mit Hund

Ich habe daraufhin ein E-Mail gschrieben und meine pers. Daten angegeben. Meine Frage ist, werden die Beschwerden überhaupt gelesen,oder wollen sie uns verarschen,denn ich  habe bis jetzt keine Antwort erhalten.

Nun aber flugs eine Antwort verfasst!

Betreff: Re: Sandler (angesoffen) mit Hund

Sehr geehrter Herr L.,

danke für ihre Meldung! Da es uns leider aufgrund ihrer Personenbeschreibung („angesoffene Sandler“) nicht möglich war, die richtige Person aufzufinden, möchten wir Sie bitten uns eine Liste der Namen aller in Linz lebenden „angesoffenen Sandler“ zu schicken. Wir werden unser Personal dann sofort ausschicken um alle ihnen ungenehme Personen zu verhaften und hoffentlich bis ans Ende der Tage in unsere Kerker in der ehemaligen Touristen-Information in Urfahr zu verbannen. Wenn es Ihnen genehm ist, könnten wir diese dann tageweise an unserem Pranger anbinden um ihnen so eine Möglichkeit zur persönlichen Rache zu geben.

Da der Rechtsstaat uns aber ein großes Anliegen ist, denn Recht muss Recht sein, müssen wir auch die andere Seite prüfen. Könnten Sie bitte in sich gehen und sich überlegen, warum diese „angesoffenen Sandler“ Sie als „Volltrottel“ tituliert haben könnten? Jeder Hinweis zählt!

Danke,
ihre Stadtwache

Freudig auf eine reflektierte Antwort wartend, werde ich ein paar Tage später von einem eher harschen E-Mail überrascht:

Betreff: Re: Re: Sandler (angesoffen) mit Hund

Wie ich mir gedacht habe, doch eine Verarschung der Steuerzahler, denn diesen Stehsatz können sie sich irgendwo hinschieben.

Zu ihrer Information: Diese Sandler sind jeden Tag am Hessenplatz anzutreffen,nur traut sich keiner hin. Eine Frechheit ist es, mir bei dieser Angelegenheit die Schuld zuzuschieben. Abschliessend überlege ich eine Beschwerde beim Stadtrat Wimmer mit dieser Antwort.

Husa, eine Beschwerde bei Stadtrat Deltef Wimmer? Wo ich mir doch solche Mühe gebe? Dann müssen wir wohl unseren Service noch verbessern!

Betreff: Re: Re: Re: Sandler (angesoffen) mit Hund

Sehr geehrter Herr L.,

es liegt uns fern, Ihnen irgendeine Schuld zuzuschieben! Wir wissen, dass Sie genau so wie wir das gesellschaftliche Problem obdachloser Menschen erkannt haben und dieses im Sinne einer solidarischen Gesellschaft lösen möchten. Die beste Möglichkeit kurzfristig den „Sandlern“ in Linz zu helfen – natürlich neben der Revolution gegen das kapitalistische System, an der Sie sicher begeistert teilnehmen werden – ist, den Verein Arge für Obdachlose zu unterstützen: http://www.arge-obdachlose.at/

Wir haben uns die Freiheit genommen in Zusammenarbeit mit dem Meldeamt eine Spende in Höhe von 100 € für den Verein von Ihrem Bankkonto abzubuchen. Danke für ihre Unterstützung!

Bitte halten Sie weiter so wachsam Ausschau nach sozialen Ungerechtigkeiten, wir freuen uns über jede/n engagierte/n BürgerIn wie Sie!

Mit besten Grüßen,
Stadtwache Linz

Frohen Mutes freue ich mich, die tägliche gute Tat vollbracht zu haben. Und kurz darauf leuchtet die Inbox schon wieder auf:

Betreff: Re: Re: Re: Re: Sandler (angesoffen) mit Hund

Lassen sie ja mein Konto in Ruhe, dieses Schreiben ist eine einzige Frechheit.

Da ich offensichtlich verkannt werde und dadurch die Sinnlosigkeit(wenn man sich beschwert) für den österreichischen Steuerzahler eingesehen habe, bitte ich von weiteren Schreiben Abstand zu nehmen.

Oha, eine unvorhergesehene Wendung. Wer nicht damit leben kann, dass ihm gutes getan wird, der hat es auch nicht verdient:

Betreff: Re: Re: Re: Re: Re: Sandler (angesoffen) mit Hund

Sehr geehrter Herr L.,

es tut uns aufrichtig leid Sie verkannt zu haben. Im Namen der österreichischen SteuerzahlerInnen schlagen wir Ihnen vor, in Zukunft von weiteren Schreiben an uns und alle anderen Behörden Abstand zu nehmen. Auch würden wir Sie bitten, keine Leserbriefe zu schreiben, erstens nicht über diese Konversation und zweitens schon gar nicht an die Krone oder die Oberösterreichischen Nachrichten.

Mit den höflichsten Grüßen,
Stadtwache Linz

Ich bin gespannt und abonniere schon mal Krone und OÖN in freudiger Erwartung scharfer Leserbriefe.

— Karl Klar (http://www.karlklar.at)

*: Name der Redaktion bekannt.