Im Sommerloch haben die Medien wieder einmal den Dauerbrenner Linzer „Stadtwache“ entdeckt.
In der regionalen Wochenzeitung „Tips“ wird der persönlichen Sicht der Stadtwache-MitarbeiterInnen über ihren Berufsalltag eine Seite Platz eingeräumt. Außerdem hat sich der zuständige Stadtrat für die Stadtwache, Detlef Wimmer (FP), Gratis-Mini-Aschenbecher ausgedacht, welche die Stadtwache bei ihren Rundgängen durch das Stadtgebiet verteilen darf. Das ist zwar alles recht nett, nur macht es unsere Kritik an diesem Organ trotzdem nicht obsolet.
Wir Stadtwache-GegnerInnen haben immer versucht unsere Kritik und Ablehnung politisch zu formulieren. Wir sind überzeugt, dass es auch bei den MitarbeiterInnen der Stadtwache vernünftige und besonnene Menschen gibt, die ihre Arbeit nicht in „Rambo-Manier“ ausüben – wahrscheinlich in größerer Verantwortung, als so mancher in der Politik. Aber das kann nicht über die Entstehungsgeschichte und den vorgetragenen Argumenten der Stadtwache-BefürworterInnen hinwegtäuschen. Die Einführung der Stadtwache wurde zuerst im Wahlkampf 2009 gefordert, bei dem einseitig Ängste und Verunsicherung geschürt wurden. Nach der Wahl wurde dann die Stadtwache von den Parteien SP, VP und FP im September 2010 eingeführt und kostet nun jährlich 1,3 Millionen Euro. Aus machtpolitischen Erwägungen wurde einen als rechtsextrem einzustufenden Politiker die Agenden über die Stadtwache gegeben. Und nicht zuletzt fordern regelmäßig PolitikerInnen von einer bestimmten Seite weitere Verschärfungen von Sicherheits- und Ordnungsgesetzen und Kompetenzausweitungen für die Stadtwache, die einer kommunalen Ersatzpolizei gleichkommen. (Nur nebenbei bemerkt: Manche Stadtwache-MitarbeiterInnen sehen eine solche Ausweitung der Kompetenzen durchaus auch kritisch.)
Um es nochmal festzustellen: Es geht darum wie der öffentliche Raum etwa in einer Stadt gestaltet wird. Setzt man etwa auf Verbote, Ausschluss, Überwachung und Sanktionen, kann sich eine solche „Law&Order“-Politik das Sauberkeits- und Ordnungsmäntelchen umhängen. Eine solche Politik löst Probleme aber nur zum Schein und mit gefährlichen Nebenwirkungen: Nach einer kurzfristigen Linderung muss die Dosis weiter erhöht werden. Die „Law&Order“-Spirale dreht sich. Diese Politik erfindet sich immer neu, definiert sich als stark und handlungsmächtig, und beweist damit nur das Gegenteil: Nämlich die Unfähigkeit das Leben und Zusammenleben der Menschen auf eine friedliche, soziale und demokratische Art sicherstellen zu wollen!
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Medienspiegel: BürgerInnenbefragung 2011 zur Stadtwache
12.01.2012 – Stadt Linz – Presseaussendung Ergebnisse BürgerInnenbefragung 2011
13.01.2012 – OÖN – Öffis, Bildung, Einkaufen und Jobs: Das mögen die Linzer an ihrer Stadt
13.01.2012 – Life Radio – Fast jeder zweite Linzer hält Stadtwache für überflüssig
13.01.2012 – ORF.on – Ergebnisse der Linzer Bürgerbefragung
13.01.2012 – Heute – Stadtwache! Kaum einer hat sie je bei der Arbeit gesehen
Medienspiegel 1/2011
Auch im neuen Jahr wieder neues von der Stadtwache. Leider wenig Gutes!
21.01.2011 – Kronenzeitung – Linzer Stadtwache muss auf mehr Kompetenz warten
20.01.2011 – derStandard.at – Bettelverbot in Oberösterreich immer wahrscheinlicher
19.01.2011 – derStandard.at – Bettler unerwünscht
19.01.2011 – OÖN – Kommentar: Nur Spaziergeher?
19.01.2011 – OÖN – Linzer Stadtwache soll künftig aggressive Bettler verscheuchen
Kommentar in der Zeitschrift „MALMOE“ zur Linzer Stadtwache
Die Monatszeitschrift MALMOE hat einen Kommentar zur Stadtwache geschrieben:
Wer die Bediensteten des so genannten Ordnungsdienstes der Stadt Linz, gemeinhin als Stadtwache bezeichnet, herumgehen sieht, kann sich eines gewissen Amüsements nicht erwehren. In ihren rot-schwarzen Uniformen gleichen sie eher den TeilnehmerInnen eines Volkswandertags, die aufgrund eines zu heftigen Einkehrschwungs jegliche Orientierung verloren haben. Die Vorstellung, ihr unbeholfenes Herumirren könnte nur ein Ziel haben, nämlich den nächsten Brantweiner möglichst bald, aber unbemerkt zu erreichen, damit der Alk-Spiegel ja nicht unter ein für die Betreffenden gefährliches Niveau sinkt, drängt sich geradezu auf. In ihrer Unbeholfenheit und mit ihrem Aussehen heischen sie geradezu nach Mitleid, man möchte ihnen zu Hilfe eilen, damit sie sich nicht selber verletzen. Mensch ist froh, dass sie keinen Pfefferspray mit sich führen, denn das hätte vermutlich manchen Schnapsladen unbrauchbar gemacht und so manche/n StadtwächterIn in die Augenambulanz befördert.
Lesen sie den ganzen Artikel hier: http://www.malmoe.org/artikel/regieren/2097
Interview KAPUzine Nov./Dez. 2010
Ein kurzes Gespräch über subjektives Sicherheitsgefühl, objektiven Schwachsinn und Leute, die sich wehren (aus der Zeitschrift des KV KAPU, KAPUzine Nov./Dez. 2010)
Seit 1. September patroulliert die Stadtwache in Linz, die KAPU hat ihre Hausfassade dementsprechend dekoriert. Für eine erste Zwischenbilanz sprachen wir mit Michael von der Initiative „Linz braucht keine Stadtwache“.
KAPU: Seit 1. September gibt es also die Stadtwache, genannt Ordnungsdienst, wie ist eure Bilanz?
Unsere Bilanz ist natürlich eine andere, als jene der Stadtwache-BefürworterInnen. Wir meinen, dass sich unsere Befürchtungen bereits erfüllt haben. Nicht so sehr, was die konkreten Handlungen der so genannten „Stadtwache“ betrifft. Dazu ist die Zeit noch zu kurz und muss erst Routine einkehren. Längerfristig muss natürlich aber auch mit Zwischenfällen und Vergehen gerechnet werden. Aber was jetzt schon auffällig ist, dass die Stadtwache für rechte und rechtsextreme „Law&Order“-PolitikerInnen ein Vehikel darstellt, um Verschärfungen im Bereich der so genannten „Inneren Sicherheit“ durchzusetzen. Diese Verschärfungen bedeuten immer eine Ausgrenzung und Vertreibung von unerwünschten Personengruppen, wie Obdachlose, BettlerInnen, Punks, usw. Gearbeitet wird dabei immer mit der Schaffung von Feindbildern, Schüren von Ängsten und Verunsicherung.
KAPU: Was darf die Stadtwache nun eigentlich tun? Und was nicht?
Die Stadtwache darf derzeit in keiner Weise polizeiliche Aufgaben wahrnehmen. Stadtwache-Bedienstete dürfen also weder Organmandate ausstellen, noch haben sie das Recht auf Identitätsfeststellung. Es sind daher in erster Linie ordnungsrechtliche Aufgaben, wie die Meldung illegaler Müllablagerungen, der Überwachung der Leinen- und Beißkorbpflicht bis hin zur Erstattung von Anzeigen (was jede Privatperson ja auch darf). Zu den eher lustigen Aufgaben gehört die Überwachung des Surfverbots am Pichlingersee. Bedenklicher ist da schon die Aufgabe gegen illegale Bettelei einzuschreiten. Und rechte und rechtsextreme PolitikerInnen fordern erwartungsgemäß schon eine Ausweitung der Aufgaben und eine Bewaffnung für die Stadtwache.
KAPU: Es gab massive Bedenken, Wimmer könnte seine rechtsextremen Gesinnungsfreunde in der Stadtwache unterzubringen. Was für Leute stecken nun wirklich in der Uniform?
Dazu ist zu sagen, dass soweit uns bekannt, keine bekannten rechtsextremen Personen MitarbeiterInnen der Stadtwache sind. Das ist sicher auch das Ergebnis einer erhöhten Aufmerksamkeit und Wachsamkeit, die einer Person Wimmer entgegengebracht wird.
KAPU: Watzl wirbt auf einem Plakat mit der Stadtwache, die SPÖ schreibt ebenfalls positiv in ihrer Stadtzeitung, wie interpretierst du das Verhalten der Parteien?
Das Verhalten der ÖVP ist mehr als beschämend. Es zeigt, wie weit nach rechts die so genannte „bürgerliche Mitte“ in diesem Land bereits gewandert ist. Zur SPÖ ist schon viel gesagt worden: Ihr „Umfaller“ nach der Wahl, um machtpolitisch die FPÖ in ihre Stadtpolitik einzubinden und der ÖVP „eins auszuwischen“, ist ziemlich bedenklich.
KAPU: Dobusch meinte in einer Pressekonferenz es gehe klar um das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen. Auch wenn jeder weiß, dass es teuer ist und nichts bringt: kann der Politik das subjektive Gefühl der Bevölkerung egal sein?
Nein sicher nicht. Nur die Politik ist ja nicht ganz unschuldig, wie das subjektive Sicherheitsgefühl aussieht. Außerdem haben subjektive Empfindungen oft doch auch eine viel komplexere objektive Basis. Die Frage ist doch die: Lässt man sich auf das Spiel der Hetzer und Verunsicherer ein und lenkt mit ab, was wirklich Unsicherheit schafft, oder versucht vielmehr subjektive Ängste und Verunsicherung abzubauen und die realen Lebenslagen der Menschen zu verbessern, um so Sicherheit zu schaffen.
KAPU: Was für Massnahmen könnt ihr euch vorstellen um diesen Unsicherheitsgefühlen zu begegnen?
Sicher nicht mit einer Politik der „schwarzen Pädagogik“, in dem man mit autoritären Mitteln Schuldige und Feindbilder noch miterzeugt. Es ist doch völlig klar, dass in jedem Gemeinwesen und v.a. in einer Stadt es immer wieder auch zu Problemen kommt. Wichtig wäre daher, dass die Problemlösungskompetenz der Menschen gestärkt wird. Überall dort, wo dies nicht ausreicht, sollte professionelle Unterstützung angeboten werden. Aber sicher keine Sheriffs!
KAPU: Im Dezember wird bei den Budgetverhandlungen über eine mögliche Aufstockung entschieden. Wie schätzt du die Lage ein?
Man wird sehen, ob es überhaupt zu einer Aufstockung von jetzt 16 auf 30 Bedienstete kommt. Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass natürlich bereits jetzt die Mittel – es sind derzeit schon fast 1 Mio. Euro im Jahr – weit besser in anderen Bereichen (siehe oben) angelegt sind.
KAPU: Ihr habt eine online-Meldestelle eingerichtet. Was kann ich dort tun?
Ganz einfach: Wer Zeuge/Zeugin eines Übergriffes, nicht berechtigten Handlung oder sonstigen sonderbaren Vorfalls mit der Stadtwache wird, bzw. selbst davon betroffen war, kann über die Meldestelle bzw. meldestelle@stadtwachelinz.at eine Meldung abgeben. Wir sammeln diese Meldungen und bringen diese dann auch in die Öffentlichkeit. Wir hoffen so die negativen Auswirkungen einer „Politik der Ordnung und Sicherheit“ in dieser Stadt so gering wie möglich zu halten.
KAPU: Was plant ihr in Zukunft?
Neben der Bewerbung der Meldestelle, geht es uns auch um eine Aufklärung über die Kompetenzen der Stadtwache (was sie darf und nicht darf). Da werden wir eine kleine Informationskampagne starten. Teil dieser Kampagne wird z.B. auch ein kleiner, feiner Video-Spot sein, den wir über diverse Internet-Medien verbreiten werden. Und schließlich steht auch die Vernetzung mit anderen Städten in Österreich und den dort tätigen kritischen Initiativen am Plan.
KAPU: Danke für das Gespräch!
Links: KAPU | Zeitschrift KAPUzine Nov./Dez. 2010