Ein Blog-Eintrag von Giro übernommen aus dem sehr empfehlenswerten KUPF-Blog:
Derzeit wird im Linzer Gemeinderat heftig über den Zuständigkeitsbereich des Ordnungsdienstes gestritten. Anlass ist das vom Landtag beschlossene Bettelverbot. Es stellt den Gemeinden frei, eigene Sicherheitsorgane mit der Exekution des Gesetzes zu betrauen. Die Formulierung läßt aber offenbar zwei Rechtsauffassungen zu.
FPÖ, ÖVP, Bezirksverwaltungsamt und die städtischen JuristInnen vertreten die Meinung, dass die Stadt, da sie das Gesetz kontrollieren muss und weil sie über Institutionen wie den Ordnungsdienst verfügt, diese als besondere Aufsichtsorgane bestellen muss. SPÖ und Grüne wiederum meinen, dass die Stadt das Gesetz zwar kontrollieren muss, aber nicht zwangsläufig durch den Ordnungsdienst.
Bezirksverwaltungsdirektorin Dr. Steininger wird in der Zeitung „Österreich“ vom 10. Juni mit der Aussage zitiert, wonach sie dem Ordnungsdienst die Ermächtigung zur Kontrolle erteilen werde. Eine Weisung von Sicherheitsstadtrat Wimmer hat es bislang nicht gegeben. Ein von den Grünen eingebrachter Antrag, der die Exekution des Verbots durch den Ordnungsdienst ausdrücklich untersagt, wurde von der SPÖ nicht unterstützt – aus juristischen Gründen, wie sie sagt. Bald soll es Gespräche zwischen Stadt und Land über die Intention des Gesetzes geben. Soweit der aktuelle Stand.
Der Konflikt war anscheinend vorprogrammiert. Das Bettelverbot wurde von vielen als schlampig und unklar kritisiert, was sich nun zu bestätigen scheint. Das Gesetz erlaubt Einzelnen das Betteln ausdrücklich, verboten ist organisiertes und aggressives Betteln. Somit richtet es sich ganz klar gegen ausländische BettlerInnen. Aus SPÖ-Kreisen hört man, dass der Ordnungsdienst sowieso nicht in der Lage sein wird, den Nachweis für organisiertes Betteln zu bringen und die Betrauung desselben somit wirkungslos bleibt. Deshalb wird es wohl keine Weisung des Bürgermeisters geben.
Hintergrund des für viele KritikerInnen unverständlichen Verhaltens der Sozialdemokratie ist ein strategisches Dilemma, das sich durch viele Bereiche roter Politik zieht. Die Funktionärsschicht ist durchwegs gegen das Bettelverbot, so wie sie eigentlich auch gegen die Stadtwache ist. Ihre potentiellen WählerInnen hingegen befürworten beides mehrheitlich. Deshalb sind beide Themen äußerst unangenehm und ein direktes Vorgehen für die Partei nicht günstig.
Am 4. Juli tritt das Gesetz in Kraft und sollte es die Stadtwache exekutieren, werden ihr wohl viele Menschen dabei auf die Finger schauen. Spannend wird jedenfalls die Verfassungsklage von SPÖ und Grünen auf Landesebene, an der gerade gebastelt wird.