Auch wenn die Stadtwache heute losmarschiert, heißt das nicht, dass wir uns geschlagen geben. Daher grüßt seit gestern ein neues riesiges Transparent auf den Mauern der Kapu die BenutzerInnen der B139 und macht sie auf unsere neue Meldestelle aufmerksam:
Archiv des Autors: Karl Klar
Überwacht die Überwacher – jetzt auch auf Facebook
Auch an der steigenden Zahl an kritischen und satirischen Anti-Stadtwache Facebook-Gruppen kann man ablesen, dass die Einführung der Stadtwache aktivistische Kräfte aufweckt. Der neuste Zugang ist die „Ordnungsdienst der Stadt Linz GmbH“-Wache, die mit Videokamera bewaffnet den Alltag der neuen Stadtwache dokumentieren will. Wir freuen uns auf erste Videos!
BürgerInneninitiative „Linz braucht keine Stadtwache“ zum Stadtwache-Start
Zum Start der „Stadtwache“ (offiziell unter dem Titel „Ordnungsdienst der Stadt Linz GmbH“ geführt) am 1. September wiederholt die BürgerInneninitiative „Linz braucht keine Stadtwache“ ihre Ablehnung an einem solchen Organ und kündigt eine Meldestelle für Vorfälle im Zusammenhang mit der „Stadtwache“ an.
Wie problematisch und gefährlich eine „Stadtwache“ ist, wurde bereits noch vor ihrem Start an den Wortmeldungen einiger StadtpolitikerInnen deutlich. Nicht nur – wenig überraschend – „Sicherheitsstadtrat“ Detlef Wimmer (FPÖ) hat bereits ein Aktionsfeld ausgemacht, indem ein Belagerungszustand von obdachlosen Menschen am OK-Platz mit medialer Unterstützung erfunden wurde. Auch Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) spricht in einem Zeitungsinterview vom Kampf gegen „illegale, organisierte Bettelei“ als eine Aufgabe für die „Stadtwache“.
Unsere grundsätzliche Kritik an einer autoritären „Law & Order“-Politik für die stellvertretend die „Stadtwache“ steht, hat sich damit schon im Vorfeld bestätigt. Es wird eine Spirale in Gang gesetzt in der ein bestimmtes „Schicklichkeitsempfinden“ bzw. äußeres Erscheinungsbild von Personen zur Norm in der Stadt erhoben wird. Alles was dieser Norm nicht entspricht, muss im öffentlichen Raum mit Überwachung, Vertreibung und Schikane rechnen. Randgruppen, wie BettlerInnen, Obdachlose, alternative Jugendliche, etc. sind die Hauptbetroffenen einer solchen Politik, welche in Wirklichkeit Arme statt Armut bekämpft.
Die BürgerInneninitiative „Linz braucht keine Stadtwache“ hat angekündigt die Arbeit der „Stadtwache“ kritisch zu beobachten und zu begleiten. Wir haben deshalb eine Online-Meldestelle ins Leben gerufen mit der Vor- und Zwischenfälle, sonderbare oder nicht berechtigte Handlungen bzw. Übergriffe von AugenzeugInnen und Betroffenen gemeldet werden können. Wir werden diese Fälle dokumentieren und damit einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Diese Meldestelle ist auch als ein Beitrag zu verstehen, die negativen Auswirkungen einer „Politik der Ordnung und Sicherheit“ in dieser Stadt so gering wie möglich zu halten.
Wir halten nochmal fest: Wem zur Steigerung des subjektiven Sicherheitsempfindens und Lösung von gesellschaftlichen Problemlagen nur das Spiel mit Ängsten und Vorurteilen einfällt und mit Ordnung und Überwachung antwortet, handelt nicht lösungsorientiert, sondern vielmehr einfalls- und verantwortungslos! Es wird daher zum Start am 1. September im Zentrum der Stadt deutliche Signale geben, dass Linz keine wie auch immer genannte „Stadtwache“ braucht!
Erklärung der BürgerInneninitiative zum Eintragungsende und voraussichtlichem Ergebnis
Die Möglichkeit gegen die geplante „Stadtwache“ zu unterschreiben geht mit Donnerstag, 6. Mai zu Ende. Es ist nach dem derzeitigen Informationsstand davon auszugehen, dass die weiteren 3000 Unterschriften, welche notwendig sind um eine Behandlung im Gemeinderat zu erwirken, nicht erreicht wurden. Das offizielle endgültige Ergebnis ist erst nach dem Ermittlungsverfahren der Stadtwahlbehörde Anfang nächster Woche zu erwarten. Das ist die schlechte Nachricht.
Die gute Nachricht ist, dass nach unserer Ansicht weiterhin mit Widerstand gegen die Einführung einer „Stadtwache“ zu rechnen ist. Das haben tausende LinzerInnen eindrucksvoll unter Beweis gestellt!
Unterschrift war nicht umsonst
Insgesamt haben mehr als dreitausend LinzerInnen ein klares Zeichen gesetzt und aktiv das Recht auf Mitbestimmung an der zukünftigen Entwicklung der Stadt – v.a. wenn sie eine bedenkliche ist – wahrgenommen. Diese Rechte, als Elemente der direkten Demokratie, sind in Linz nur sehr gering ausgebaut. Die einzige Möglichkeit, bei der Linzer BürgerInnen eine, wenn auch minimale, Mitsprachemöglichkeit haben ist die BürgerInneninitiative, abgesehen von Wahlen. Das komplizierte Einleitungsverfahren, das umständliche Eintragungsverfahren, wie auch die erforderlichen Unterschriftenzahlen, stellen hier aber eindeutig Hindernisse dar. Die Stadtpolitik hat durch den voreiligen „Ordnungsdienst“-Gemeinderatsbeschluss noch während der Eintragungszeit zudem bewiesen, wie ernst sie es mit der direkten Demokratie meint. Auch das hat dazu beigetragen, dass die Initiative nicht die notwendigen weiteren 3000 UnterzeichnerInnen gefunden hat.
Kritik bleibt aufrecht
Die BürgerInneninitiative war trotzdem erfolgreich, weil sie Kritik an einem Vorhaben der Stadtpolitik geübt hat, welches sonst über weite Strecken kritiklos geblieben wäre. Mit Flugzettel, A0-Plakatständer auf den Straßen und Plätzen, A2-Innenraumplakate, mehrere Kundgebungen, die Berichterstattung in den Medien, vielen Gesprächen und Aktivitäten vor den Sammelstellen, usw. wurde politische Bildung im besten Sinn betrieben und die in dieser Stadt lebenden Menschen über Entscheidungen der Stadtpolitik informiert. Wir bleiben bei unserer grundsätzlichen Kritik an einer „Law & Order“-Politik für die stellvertretend die „Stadtwache“ steht, welche mit Ressentiment, Angst und Verunsicherung arbeitet, statt wirkliche Lösungsansätze anzubieten. Wir bleiben bei unserer Kritik, dass Machtpolitik auf diesem sensiblen Gebiet nicht wichtiger sein darf, als die persönliche Überzeugung oder Parteiposition vor der Wahl. Wir bleiben bei unserer Kritik, dass ein mit der rechtsextremen Szene verfilzter Stadtrat nicht mit den Agenden der „Stadtwache“ betraut werden darf. Wir bleiben bei unserer Kritik, dass solche Organe in erster Linie Organe der Vertreibung und Verdrängung von missliebigen Personengruppen darstellen. Wir bleiben bei unserer Kritik, dass die fast zwei Millionen „Stadtwache“-Euro im Jahr in Zeiten der Krise und knappen kommunalen Kassen in anderen Bereichen eindeutig sinnvoller angelegt wären.
Widerstand wird weitergehen, BürgerInneninitiative war erst der Anfang
Die Beteiligung vieler Menschen aus den unterschiedlichsten kulturellen und politischen Zusammenhängen der Stadt an der BürgerInneninitiative hat Mut gegeben und hat gezeigt, dass viele in Linz lebende Menschen bereit sind, aktiv zu werden. Die gesammelten Erfahrungen, gebildeten Netzwerke und aufgebauten Strukturen werden in nachfolgende Aktivitäten einfließen. Der Widerstand gegen die „Stadtwache“ hat erst begonnen! Wir werden sowohl den Gründungsvorgang, wie auch die anschließende Arbeit weiterhin kritisch begleiten und beobachten. Es sind einige Projekte bereits in Vorbereitung! Die BürgerInnenInitiative war der erste Versuch mit der BürgerInnenbeteiligung und Mitbestimmung ernst zu machen. Weitere Aktivitäten und Initiativen im Sinne einer partizipativen Demokratie werden folgen! Wir wollen eine offene, soziale und demokratische Stadt! Die „Stadtwache“ ist das genaue Gegenteil!
Die BürgerInneninitiative dankt allen die unterschrieben haben, ebenso Dank an das Engagement des Personenkomitees (über 50 Menschen) und an die AktivistInnen!
Ein weiteres Gedicht von S.H.
Heute hat uns wieder ein neues Gedicht von S.H. erreicht, die ersten beiden finden sich hier und hier:
Linzer Not?!
Befindet sich Linz akut in Not?!
Vielleicht sind wir in Kürze wirklich bedroht
von möglichen rechten Stadtwache-/Ordnungsdienstgesellen,
die sich gesellschaftlich dazwischen stellen
und Toleranz, Menschenwürde und Aufgeschlossenheit
niederbinden mit Diskriminierung und Feindseeligkeit!
Wenn in der Gesellschaft mit Abwertungen erst mal begonnen wird,
möchte ich nicht wissen, wohin das noch führt?!
Wir Menschen sollten uns alle darum bemühen
mit mehr Akzeptanz, Wertschätzung und Rücksichtnahme gegen
Pauschalisierung, Vorurteile und Diskriminierung zu ziehen.
Wir brauchen in der Stahl-/Kultur-Stadt Linz keine
Stadtwache-/Ordnungshüter an rechter Leine!!!
Von S.H.
Mai 2010