Bericht bringt skandalöse Zustände in Linzer Stadtwache ans Licht

In der neuen Ausgabe der Zeitschrift Profil vom 24.03.2014 sind skandalöse Zustände innerhalb der Linzer Stadtwache, offiziell „Ordnungsdienst Linz“, publik geworden. Der Bericht stützt sich auf Aussagen ehemaliger MitarbeiterInnen und Beweisfotos. Das Ausmaß der Vorwürfe zeigt deutlich, dass der Linzer FPÖ Sicherheitsstadtrat Detlef Wimmer seine eigene Truppe nicht im Griff hat. Die Initiative „Linz braucht keine Stadtwache“ spricht sich daher abermals für eine rasche Auflösung der Stadtwache aus.

Der Bericht bestätigt vieles, was die KritikerInnen der BürgerInnenwehr schon lange befürchtet haben. Nämlich, dass die Stadtwache ein Instrument der rechten Law-and-Order PolitikerInnen gegen die Schwächsten in unserer Gesellschaft ist. Ehemalige MitarbeiterInnen berichten beispielsweise, dass selbsternannte „Bettlerjäger auf alle hinfahren, die irgendwie osteuropäisch und arm aussehen“. In den Büros finden sich Selbstportraits der Ordnungswächter mit Adolf Hitler Zitaten in Frakturschrift („Flink wie ein Windhund, hart wie Kruppstahl und zäh wie Leder – das ist ein Deutscher Junge“), Beweise liegen der BürgerInneninitiative „Linz braucht keine Stadtwache vor. Anderen Mitarbeitern wird vorgeworfen, mutwillig Schlägereien provoziert zu haben. Bei Beschwerden bei den Vorgesetzten über illegalen Taten von Kollegen haben die ehemaligen MitarbeiterInnen zu hören bekommen, „dass alles seine Richtigkeit hat und man mit niemanden von außen sprechen soll“. Dank der Zivilcourage der AussteigerInnen sind die Probleme, die vertuscht werden sollten, nun dennoch ans Licht gekommen.

Angesichts der vorliegenden Vorwürfe fordert Michael Schmida, Sprecher der BürgerInneninitiative, daher: „Erstens müssen die hier dokumentierten Vorgänge in der Stadtwache untersucht und nötigenfalls personelle Konsequenzen gezogen werden. Zweitens wiederholen wir unsere Forderung nach einer sofortigen sozialverträglichen Abschaffung der Stadtwache. Gerade in Zeiten eines allgemeinen Sparkurses ist es nicht einzusehen, wieso für eine solche Einrichtung 1,3 Millionen Euro Steuergeld pro Jahr investiert werden.“

Bettelantrag im Gemeinderat beschlossen: Der nächste Umfaller der SPÖ

Am Donnerstag, den 23.1.2014, hat der Linzer Gemeinderat eine Verschärfung der Bettelkontrollen beschlossen.

Was bei dieser Abstimmung im Linzer Gemeinderat genau herausgekommen ist und wie dieses Ergebnis betrachtet werden kann, darüber hat neben KP-Gemeinderätin Gerlinde Grünn auch Michael Schmida von der BürgerInneninitiative „Linz braucht keine Stadtwache“ im Infomagazin „Frozine“ auf Radio FRO Auskunft gegeben.

http://cba.fro.at/253450

Bettelantrag im Linzer Gemeinderat: BürgerInneninitiative kritisiert SPÖ scharf

Linz braucht nach wie vor keine Stadtwache! Abschaffen ist sinnvollste und sparsamste Lösung!

Am 23.1.2014 wird bei der Sitzung des Linzer Gemeinderates über einen Antrag aus dem Sicherheits- und Ordnungsausschuss abgestimmt, der wieder einmal das Betteln in der Stadt zum Thema hat. Der von SP, VP und FP im Ausschuss beschlossene Antrag sieht u.a. vor, künftig mehr Kontrollen gegenüber bettelnde Menschen durchzuführen. In Abstimmung mit dem städtischen Erhebungsdienst und der Polizei soll auch die Stadtwache für dieses Unterfangen herangezogen werden und noch intensiver als bislang BettlerInnen kontrollieren. Ziel ist es, das im oberösterreichischen Landtag beschlossene „Bettelverbotsgesetz“ restriktiver als bislang anzuwenden bzw. damit in abschreckender Wirkung bestimmte Menschen aus der Innenstadt zu vertreiben.

Der Antrag geht im Großen und Ganzen auf das Betreiben der FPÖ und einem im Gemeinderat angenommenen Fraktionsantrag dieser Partei zurück. Sowohl Wortwahl, aber auch zugrundeliegender Geist des Antrags, entsprechen den Vorstellungen der Rechtsaußen-Partei. So werden in dem Antrag Mutmaßungen und Unterstellungen ohne seriösem Beweis zur Realität erklärt. Anstatt die grundsätzliche Annahme es gäbe kriminelle Hinterleute (im FP-Jargon: „Bettelmafia“ oder „Bettelbanden“) zu hinterfragen bzw. einer Überprüfung zu unterziehen, wird diese Unterstellung als gegeben angenommen und zum Ausgangspunkt der im Antrag geforderten Maßnahmen gemacht.

Die SPÖ ist damit ein weiteres Mal umgefallen und setzt ihre unrühmliche Rolle als Mehrheitsbeschafferin für untragbare Ansinnen aus dem rechtsextremen Lager fort. Anstatt der FPÖ in der als „Kriminalitätbekämpfung“ getarnten Menschenhetze entgegenzutreten und ihr die Stirn zu bieten, werden grundlegende Menschenrechte bzw. zivilisierte Formen im Umgang mit urbanen Herausforderungen der Machtpolitik geopfert. Als äußerst befremdlich ist außerdem, dass die höchste Beamtin aus der Sozialverwaltung mit der Bearbeitung des Antrags beauftragt wurde. Das ist kein gutes Zeichen für die Zukunft, wenn die SPÖ anscheinend Sozialpolitik als Ausgrenzungs- und Repressionspolitik versteht! Damit hat leider auch Bürgermeister Luger (SP) gezeigt, dass er von der Linie seines Vorgängers bezüglich Stadtwache nicht abweichen will. Im Gegenteil: Während Alt-Bürgermeister Dobusch Zivilkontrollen durch die Stadtwache im Frühjahr letzten Jahres noch untersagt hatte, werden sie nun durch die Hintertür in Form des städtischen Erhebungsdienstes eingeführt.

Für die BI „Linz braucht keine Stadtwache“ bedeutete dies einmal mehr die sofortige Abschaffung der Stadtwache zu fordern. Kaum jemand versteht, wenn auf der einen Seite die Stadt sparen muss und sinnvolle Ausgaben etwa in soziale Leistungen oder der Kultur gekürzt werden, aber sich auf der anderen Seite eine 1,3 Millionen Euro teure Stadtwache leisten kann. Der zuständige Stadtrat Wimmer (FP) versucht verzweifelt sein „Spielzeug“ angesichts des Sparkurses der Stadt retten zu wollen. Dafür müssen Menschen herhalten und werden zu Sündenböcken gemacht. Wir fordern das Ende einer solchen einseitigen „Law&Order“-Politik aus dem rechten Eck und die Rückkehr zu einem sachlichen und vom Prinzip der Menschlichkeit getragenen Vorgehen, vor allem auch von der Mehrheitsfraktion SPÖ!

How low can you go?

Trotz oder gerade wegen des Sparkurses der Linzer Stadtpolitik sucht Stadtrat Wimmer verzweifelt nach neuen Aufgaben für seine Stadtwache. Bettelnde Menschen aus Osteuropa sind dabei immer wieder im Visier seiner Law&Order-Manie. Dabei kommen ihm Berichte in kaum zu überbietender Dreistigkeit und journalistischer Verantwortungslosigkeit, wie dieser von der Kronen-Zeitung vom 22.1.2014, sehr gelegen. Ganz im Sinne des Rechtsaußen-Politikers: Hintergründe null, Recherche null, Zusammenhang null, aber dafür Verallgemeinerung 100%!

Grün-Gemeinderat und Stadtwache-Kritiker Markus Pühringer hat daraufhin der Kronen-Zeitung einen Leserbrief geschickt:

Sehr geehrte Damen und Herren von der Kronenzeitung,
Sie schreiben in Ihrer heutigen Ausgabe, dass die in Linz bettelnden Menschen ihr Geld an „Hinter-Männer“ abliefern müssten und die „Bettelmafia in Prunk, Pomp und Reichtum“ leben würde. Diese Behauptung können Sie im Artikel an keiner Stelle belegen. Es scheint das Gegenteil der Fall zu sein: Die immer wieder beschworene Bettelmafia scheint es nicht zu geben. Im Oktober 2013 wurde zuletzt eine Studie über das Betteln in Salzburg veröffentlicht. Demnach gäbe es laut Studienautor Walter Schoibl „keine Indizien für eine Bettelmafia“. Die festgestellten Organisationsformen seien eher „familiärer oder nachbarschaftlicher Art“ und beträfen beispielsweise die gemeinsame Anreise, Unterbringung oder Verpflegung. Demnach konnte man auch keine Indizien für die immer wieder behauptete Existenz „reicher Hintermänner“ finden. Auch ähnliche Studien aus Wien und Graz kommen zum gleichen Ergebnis.
Der Grund, warum Menschen aus Osteuropa in vergleichsweise reiche Länder wie Österreich kommen, liegt vielmehr an der tristen Lage in ihren Heimatländern: Armut, keine Aussicht auf eine Arbeit, katastrophale hygienische Verhältnisse, Diskriminierung im Heimatland, usw. Die Not scheint so groß zu sein, dass diese Menschen keine andere Möglichkeit mehr sehen, als in Städten wie Linz oder Salzburg betteln zu gehen.Ich ersuche Sie eindringlich um korrekte Berichterstattung. Mit ebensolchen Berichten schüren sie Vorurteile, Rassismus und verfestigen schon bestehende Feindbilder gegen Roma.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Pühringer
Gemeinderat der Grünen Linz

Rohe Bürgerlichkeit und soziale Vereisung

Betrachtungen zum Gemeinderatsantrag für einen Zivileinsatz der Linzer Stadtwache gegen BettlerInnen

Seit 2001 untersuchen WissenschaftlerInnen aus Deutschland in einer Langzeitstudie mit dem Namen Deutsche Zustände die Ausmaße, Entwicklungen und Ursachen von Vorurteilen. Das Ergebnis ihrer Forschung sehen sie in einer bedenklichen Zunahme „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ und in einem „kulturlosen und verrohenden Bürgertum“.

Auszug aus dem Dringlichkeitsantrag der ÖVP bei der Gemeinderatssitzung am 23.5.2013

Auszug aus dem Dringlichkeitsantrag der ÖVP bei der Gemeinderatssitzung am 23.5.2013


Der Dringlichkeitsantrag der ÖVP bei der Linzer Gemeinderatssitzung am 23.Mai 2013 hat diese Analyse leider einmal mehr bestätigt. Die Linzer Schwarzen forderten Bürgermeister Dobusch auf seine Weisung zurückzunehmen und Stadtwache-Operationen ohne Uniform wieder zu erlauben. (siehe Faksimile rechts) Zielgruppe dieser Zivilkontrollen sollten die BettlerInnen vornehmlich aus Südosteuropa sein. Der Linzer Gemeinderat lehnte die Forderung der ÖVP jedoch mit einer Mehrheit aus SPÖ, Grüne und KPÖ ab. Die SPÖ argumentierte damit, dass es nie einen Auftrag für Observationen in Zivil gegeben hat und die Uniformen einen festen Bestandteil der Stadtwsche darstellen. Grüne und KPÖ sind ohnehin gegen die Stadtwache, ihre Ablehnung war deshalb vorhersehbar.

Populistischer Wettlauf mit der FPÖ

Bezeichnend an solchen Debatten, die sich um das Thema Kriminalität, Innere Sicherheit und Migration drehen, ist die Rolle der Linzer Stadtbürgerlichen. Seit der letzten Gemeinderatswahl im Jahr 2009 findet anscheinend eine Auseinandersetzung mit der Rechtsaußenpartei FPÖ um die Themenführerschaft auf diesem Gebiet statt. Die Argumentationsmuster und Statements unterscheiden sich kaum mehr. Es findet ein erschreckender Populismus-Wettstreit zwischen den beiden Parteien statt. Wer versucht dieser autoritären Mischung aus Kontrollieren, Vertreiben und Strafen mit kritischen Argumenten zu begegnen, bekommt von FPÖ wie auch ÖVP nur aggressive Selbstgewissheit zu spüren. Nach dem Motto: Je kühler und unmenschlicher die Forderungen, umso forscher und herablassender das Eintreten. Eine rationale, sachliche Diskussion auch über die negativen Folgen einer solchen Sichtweise geht im emotionalen Eifer unter – so geschehen auch bei der Gemeinderatssitzung am 23. Mai.

Ruf nach repressiven Maßnahmen

Die Konstruktion von Feind- und Drohbildern spielt dabei eine bedeutende Rolle. Menschen aus Süd- und Osteuropa, die hier betteln, sind nicht in erster Linie arm, sondern entweder sie selbst oder die „Hintermänner“ kriminell. Sie werden als „skrupellos“ und „organisiert“ etikettiert. Die Medien unterstützen und reproduzieren diese Bilder. Die Beifügung „Bande“ oder „Mafia“ gehört auch in den Zeitungen zur Normalität. Journalistische Sorgfaltspflicht und Verantwortung, z.B. Behauptungen und Meinungen zu überprüfen und differenzierter zu betrachten, haben keine Chance. Ist ein bestimmtes Bild einmal gezeichnet, fordern Medien dann meist genauso wie die „Law and Order“-Politik Taten. Eine ängstliche Öffentlichkeit will, dass hier und jetzt etwas geschieht. Die Konsequenz daraus: Es darf und kann kein Erbarmen für bestimmte Menschengruppen geben. Und jedeR der/die sich dieser Politik in den Weg stellt, will Böses für die Menschen bzw. zumindest für die Mehrheit, in deren Namen sich in Parteien und Redaktionen gesorgt wird. Genau so funktionieren aber auch moderne Faschismen: In der emotionalen Spaltung und Gegeneinanderführung werden die Ärmsten, Schwächsten und Fremdesten zur Bedrohung hochstilisiert, während eine solche Form der Herrschaft im Namen der „Guten“ aus dem „einfachen Volk“ spricht. Wer da nicht mitmacht und kritische Fragen stellt, ist gegen „das Volk“, für Kriminalität oder lässt sie zumindest zu – ist also tatenlos, naiv und schwach.

Zerstörerische Wirkungen für eine humane und tolerante Gesellschaft

Die MacherInnen der Studie „Deutsche Zustände“ stellen fest, dass vor allem die mittleren bis höheren Schichten der Gesellschaft in Zeiten der Verunsicherung die Solidarität mit den unteren Klassen aufkündigen und auf Ellbogenmentalität umschalten; dass also die bisherige tolerante Bürgerlichkeit durch eine „rohe“ ersetzt wird:

„Diese rohe Bürgerlichkeit lässt sich in ihrer Selbstgewissheit nicht stören: Die Würde bestimmter Menschen und die Gleichwertigkeit von Gruppen sind antastbar.“

Und sie kommen zum besorgniserregenden Schluss:

„Eine auf längere Sicht zerstörerische Entwicklung sowohl für Individuen als auch für eine liberale und humane Gesellschaft ist dann gegeben, wenn sich menschenfeindliche Einstellungen und Verhaltensweisen zeigen [ … ] Menschenfeindlichkeit wird erkennbar in der Betonung von Ungleichwertigkeit und der Verletzung von Integrität.“

Kultur der Solidarität statt der Kontrolle

Die populistischen Forderungen nach mehr Kontrolle und die Betonung der Ungleichheit findet vor dem Hintergrund einer fortschreitenden Individualisierung der Gesellschaft statt. Der Kriminalitäts- und Sicherheitsdiskurs zeigt anschaulich diese Entwicklung, in dem sowohl die Beschreibungen und Erklärungen der Opfer- als auch die der Täterseite individualisiert werden. Bei den Tätern wird nicht nach den möglichen Ursachen noch nach Möglichkeiten einer Beseitigung oder Veränderung gefragt, sondern Kriminalität wird allein zur individuellen Entscheidung für das Unrecht und gegen das Recht erklärt. Aber auch die Identifizierung mit dem Opfer und die Forderung nach harten Vergeltungs- und Strafmaßnahmen folgt einer weitgehend individualisierten Sicht. Solidarität, Austausch und kollektive moralische Empörung funktionieren in einer hochgradig mobilen, individualisierten und entsolidarisierten Gesellschaft viel zu oft nur mehr über die individuelle Identifikation mit individuellen Schicksalen. Das Leiden des Kriminalitätsopfers steht sinnbildlich dafür. Die instrumentalisierenden und inhumanen Diskurse der Rechten und zum Großteil auch der Medien stellen zumindest das Gefühl der Gemeinsamkeit auf Kosten der Freiheit, Solidarität und Menschenrechte wieder her. Diese für Gesellschaften elementaren Werte hingegen zu schützen und zu verteidigen, sowie Möglichkeiten einer gemeinsamen, wechselseitigen und menschenwürdigen Kommunikation über den emotionalen Affekt hinaus zu schaffen, ist die andere – unsere – Antwort.