Leistungsanalyse Stadtwache Linz: 130€ für einmal den Weg zum nächsten Klo zeigen

Dieser Artikel stammt von Thomas Diesenreiter und wurde von seinem Blog unter www.diesenreiter.at übernommen.

Nach dem ersten Jahr Stadtwache, auch euphemistisch Ordnungsdienst genannt, zieht die Stadt Linz stolz Bilanz: 7.678 dokumentierte Vorgänge! Das klingt doch nach auf den ersten Blick nach was, aber sehen wir uns das mal im Detail an:

Im Schnitt steht die Leistungsbilanz bei 21 Vorgängen pro Tag – wohlgemerkt ingesamt für alle 18 Bedienstete. Also 1,16 Vorgänge pro Tag pro StadtwächterIn. Anders ausgedrückt: Ein typischer, kompletter Tag der 18 Bediensteten der Linzer Stadtwache sieht so aus:

9 StadtwächterInnen geben jeweils einer Person die Auskunft, wo das nächste öffentliche Klo ist.

5 StadtwächterInnen bitten eine/n HundebesitzerIn, ihr Tier an die Leine zu nehmen.

3 StadtwächterInnen rufen die LinzAG an und melden, dass sie Müll auf der Straße gefunden haben.

1 StadtwächterIn vertreibt eine/n BettlerIn oder eine/n StraßenmusikerIn, überwacht den Anstand und die öffentliche Ordnung und den Jugenschutz.

Den ganzen Tag spazieren gehen und einmal Auskunft geben, das ist polemisch gesagt der statistische Durchschnittstag eines/einer MitarbeiterIn des Linzer Ordnungsdienst. Da mutet es ja fast ironisch an, dass jene Parteien, die die Stadtwache am stärksten unterstützen, so gerne mit der Leistungsgesellschaft hausieren gehen. Aber damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich fordere nicht, dass die Stadtwache öfter eingreifen soll, ich möchte im Gegenteil Argumente für die sofortige Auflösung aufzeigen.

Nun, wer denn jetzt in Linz spazieren geht und Auskunft gibt, das könnte mir ja relativ egal sein, würde die Stadtwache nicht aus öffentlicher Hand finanziert. Mit 18 MitarbeiterInnen hatte die Stadtwache ein Budget von 1.000.000,00 €, nach der erfolgten Aufstockung wird mit Kosten von 1.500.000,00 € gerechnet. Sehen wir uns also die Kostenanalyse des ersten Jahres an:

Wir sehen also, die Stadt Linz hat letztes Jahr 450.000 € investiert um mobile Infopunkte zu bezahlen – circa so viel, wie das ganze Theater Phoenix an Jahressubvention bekommt. Weitere 300.000 € wurden in Vorgänge im Zusammenhang mit Hunden investiert – drei mal so viel wie die Linzer Stadtwerkstatt an Subventionen erhält. 170.000 € um die Müllabfuhr anzurufen – damit könnte man die Subvention des Crossing Europe Filmfestivals vervierfachen. Ganze 40.000 € um das Bettelverbot durchzusetzen – hier wird also Geld investiert um arme Menschen zu vertreiben, statt ihnen mit diesem Geld zu helfen. 17.000 € kostet die Bekämpfung illegaler Straßenmusik – circa so viel wie letztes Jahr für zwei Kunstprojekte als Förderung zuerst zu, und dann auf Druck der FPÖ wieder abgesagt wurde.

Und rechnet man sich nun aus, wie viel also ein Einsatz der Stadtwache kostet kommt man auf den stolzen Preis von 130 €.

Die Linzer Stadtwache ist nicht nur ein Angstinstrument der ÖVP und FPÖ, die damit ihre verfehlte Sicherheitspolitik durchsetzen möchte, sie ist auch eine riesen Geldverschwendung. Ich wiederhole daher meine Forderung: Die Stadtwache soll sofort aufgelöst werden, das freiwerdende Budget in den Sozial- und Kulturbereich fließen!

Die Zustimmung zur Stadtwache ist im Sinkflug – in Onlineumfragen fordern schon 73% die sofortige Auflösung! Und ihr, liebe LinzerInnen, habt es in der Hand, denn in der gerade gestarteten BürgerInnenbefragung der Stadt Linz wird auch eure Meinung zur Stadtwache abgefragt. Ich hoffe, dass euch diese Analyse geholfen hat, ein Bild von der Sinnhaftigkeit der Stadtwache zu machen.

Zwei Vorfälle mit der Stadtwache

Die BürgerInneninitiative „Linz braucht keine Stadtwache“ hat mit der Einführung der Stadtwache eine Meldestelle eingerichtet. Wir haben bereits über negative Zwischenfälle in der Vergangenheit berichtet. Hier nun auszugsweise zwei weitere Vorfälle die uns in letzter Zeit erreichten:

Wann 23. Juli 2011
Wo Nibelungen Brücke
Wer war beteiligt 2 Freunde und ich
Was ist geschehen Wir haben um ca. 1:30 die Nibelungen Brücke von der STWST Richtung Hauptplatz überquert. Dabei sind uns ein kleiner Mann und eine größere dickliche Frau vom Ordnungsdienst entgegenkommen. Wir haben uns gewundert, dass die „Ordnungshüter“ um diese Zeit noch unterwegs sind. Da die beiden bereits übelgelaunt waren und hämische Bemerkungen über die Entgegenkommenden aussprachen. Meinten wir in etwas lauterem Ton „Linz braucht keine Stadtwache.“ Worauf hin wir beschimpft wurden, unter anderem mit dem Wort „Bazillen“.

Eine weitere Meldung die uns erreichte fällt mehr unter die Rubrik „mangelnde Zivilcourage“. Die selbst auferlegte Aufgabe „Vermeidung strafbarer Handlungen durch Anwesenheit“ scheint die Stadtwache jedenfalls nicht zu erfüllen!

Wann 9. August 2011 – Taubenmarkt 14 Uhr
Wo Buslinie 27 Richtung Schiffswerft
Wer war beteiligt 2 Frauen und 2 Männer ca 20 Jahre alt
Was ist geschehen Wir sind am Taubenmarkt eingestiegen und setzten uns auf einen freien Platz wobei meine Freundin neben einen „primitiv-gefährlichen“ Burschen zu sitzen kam. Er hatte sein McDonalds Sackerl noch am Nebensitz stehen und er schrie sie an, sie soll sich nicht auf das Essen setzen – was natürlich nicht geschehen ist. Darauf hin hat er sie noch einen „blöden Trampel“ genannt und sie werde gleich eine abfangen, wenn sie noch mal so deppert schaut. Sein Freund meinte, dass sie eine „schiache Alte“ sei, was will „mann“ da erwarten. Der andere meinte noch es braucht sich keiner wundern wenn er in der nächsten Zeit einmal einen „Haberer“ oder eine so „depperte Alte“ niederschlagen werde.
Was wir zunächst nicht sahen, saßen zwei Personen der Linzer Stadtwache hinter uns. Müssen die nicht einschreiten wenn solche Vorfälle sind? Es haben alle Personen im Bus geschaut wie dieser Bursch zu schreien und schimpfen anfing. Ich sagte meiner Freundin sie solle bitte nichts erwidern, denn man weiß bei solchen Personen nicht wie sie reagieren. Ich hatte Angst.
Doch dann stieg die Stadwache in der Lüfteneggerstraße aus ohne irgendetwas gemacht zu haben. Also dieser Aufwand diese Leute einzuschulen und zu bezahlen ist ein Luxus
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Protestaktion zur Linzer Gemeinderatssitzung

Die BürgerInneninitiative „Linz braucht keine Stadtwache“ ruft auf zur symbolischen Protest- und Infoaktion am Donnerstag, 15.9. ab 13:00 Uhr bis ca. 13:45 Uhr vor dem alten Rathaus, Linz.

Am 15.9. wird im Linzer Gemeinderat über einen Antrag von Grüne und KPÖ abgestimmt, der die Abschaffung der Stadtwache vorsieht. Die BürgerInneninitiative hat diesen Antrag initiert. Die Wortmeldungen der Stadtwache-Betreiber- und BefürworterInnen im Vorfeld der Gemeinderatssitzung haben uns in unserer Kritik nur bestätigt: Entweder die Stadtwache wird zur Bürgerservice-Einrichtung verharmlost oder es werden gleich weitere, zusätzliche „Law and Order“-Aufgaben für die Stadtwache gefordert. So oder so, die Stadtwache kostet zu viel Geld und ist das gefährliche Produkt rechter Sicherheits- und Ordnungsfantasien.

Am 15.9. wollen wir vor der Gemeinderatssitzung daher noch einmal auf unser Anliegen aufmerksam machen und die GemeinderätInnen (vor allem die der SP) von einer Ja-Stimme überzeugen. Bitte die Aktion mit einer Teilnahme unterstützen.

Antrag „O“: „Auflösung Ordnungsdienst der Stadt Linz GmbH“
O – JA!

http://www.facebook.com/event.php?eid=192804297455133

Ein Jahr Stadtwache – Antrag auf Auflösung im Linzer Gemeinderat

Für die Gemeinderatssitzung am 15. September 2011 haben Grüne und KPÖ auf Betreiben der BürgerInneninitiative „Linz braucht keine Stadtwache“ einen gemeinsamen Antrag für die Auflösung der Linzer Stadtwache eingebracht. Der Wortlaut des Antrages:

Im September vorigen Jahres haben 18 MitarbeiterInnen der „Ordnungsdienst der Stadt Linz GmbH“ ihren Dienst auf der Straße begonnen. Sie sollten für mehr Ordnung und Sauberkeit in der Stadt Linz sorgen und das subjektive Sicherheitsgefühl heben.

Für die Antrag stellenden Parteien war von Beginn an nicht nachvollziehbar, warum eine so sichere Stadt wie Linz einen Ordnungsdienst (vulgo Stadtwache) benötigt.

So stellt die „Kriminologische Sicherheitsanalyse Linz 2007“ des Zentrums für Rechtspsychologie und Kriminologie der Uni Linz fest: „Im Städtevergleich verfügt Linz über ein hohes Sicherheitsgefühl und eine geringe Kriminalitätsfurcht“

Auch die damalige Innenministerin Maria Fekter (VP) bescheinigte Linz, die sicherste Landeshauptstadt Österreichs zu sein.

Wir sehen uns ein Jahr nach Einführung des Ordnungsdienstes in unserer Kritik bestätigt: Die Stadt Linz braucht nicht ein Kontrollorgan wie den Ordnungsdienst. Auftauchenden Unsicherheiten und Konflikten ist durch kreative Konflikt- und Stadtteilarbeit zu begegnen.

Antrag gem. §12 Abs.1 StL. 1992:

Der Gemeinderat beschließe daher:
„1. Der Ordnungsdienst der Stadt Linz wird – so rasch wie möglich – aufgelöst.
2. Für die MitarbeiterInnen des Ordnungsdienstes der Stadt Linz wird ein Sozialplan erstellt.
3. Die frei werdenden Mittel werden zur Verstärkung von Streetwork und Stadtteilarbeit verwendet.“

Medienspiegel: Ein Jahr Stadtwache

Zu ein Jahr Stadtwache gab die BürgerInneninitiative am 29.8.2011 eine Pressekonferenz. Hier die Resonanz in den Medien:

29.08.2011 – Life Radio – Linzer Stadtwache gefährlich und sinnlos?

29.08.2011 – ooe.kpoe.at – BürgerInneninitiative bekräftigt Ablehnung der Stadtwache

Thumbnail Zeitung30.08.2011 – Zeitung Österreich – Rüffel für die Stadtwache

30.08.2011 – OÖN – Grüne wollen Linzer Stadtwache auflösen

30.08.2011 – OÖN – „Das Sicherheitsgefühl ist gestiegen“

30.08.2011 – Radio FRO – Ein Jahr Stadtwache aus kritischer Sicht: Ein Interview mit Michael Schmida

30.08.2011 – ooe.orf.at – Grüne und KPÖ gegen Linzer Ordnungsdienst

31.08.2011 – Tips – Weiter Wirbel um Stadtwache

31.08.2011 – LT1 TV – 1 Jahr Linzer Stadtwache: Parallelpolizei oder Ordnungshüter?

31.08.2011 – Linzer Rundschau – Grüne und KPÖ gegen Stadtwache